Der besenderte Schwarzstorch „Kaedi“ in Schleswig-Holstein
In einer Fließgewässer-Reuse gefangener Schwarzstorch “Kaedi” |
2015 wurde im Burgund in Frankreich ein adulter männlicher Schwarzstorch auf dem Wegzug in das Winterquartier gefangen, beringt und mit einem ARGOS-Satellitensender versehen,der seitdem ununterbrochen die Flugbewegungen und Standorte des Vogels sendet. Als sich der Storch im Frühjahr 2016 auf den Heimzug nach Mitteleuropa begab und im März immer weiter nach Norden zog, schließlich Hamburg passierte und SchleswigHolstein erreichte, wurde schnell klar, dass durch Zufall einer der nördlichsten Schwarzstörche in der französischen Fanganlage gefangen worden war. Und so bezog „Kaedi“, der nach einer Ortschaft in seinem Überwinterungsgebiet in Mauretanien benannt wurde, einen Kunsthorst im Landkreis Steinburg im westlichen Holstein.
Mit seiner Partnerin wurden drei Jungvögel ausgebrütet, von denen zwei flügge wurden. Ab dieser Brutperiode und in den nachfolgenden Brutzeiten bis einschließlich 2020 lieferte Kaedi der AG Schwarzstorchschutz wertvolle Daten zur Revier- und Raumnutzung an diversen Brutplätzen. Nach der Brutzeit 2016 zog Kaedi auf der westlichen Zugroute zunächst über Niedersachsen, Nordrhein-Westphalen und Rheinland-Pfalz über Frankreich (mit längerem Aufenthalt in der Camarque) in sein Überwinterungsgebiet nach Mauretanien in die Nähe des Flusses Senegal. Im Frühjahr 2017 wurde zunächst der bekannte Kunsthorst im Kreis Steinburg aufgesucht, doch nach kurzer Zeit entschied sich das Paar dafür, in einem benachbarten Gehölz einen neuen Horst auf dem Seitenast einer alten Eiche zu errichten. Die Senderdaten von Kaedi verrieten uns nach einiger Zeit somit den neuen Standort des Nestes und es fand eine erfolgreiche Brut mit vier Jungvögeln statt. Auch im Folgejahr sind von diesem Horst wiederum vier Jungvögel ausgeflogen. 2019 erfolgte dann ein Horstwechsel in einen benachbarten Landkreis.
Zugroute des Schwarzstorchs “Kaedi” |
Dort wurde ein bereits bestehender und traditionell von einem anderen Schwarzstorchpaar genutzter Brutplatz, der im Vorjahr von einem Uhupaar besetzt worden war, angenommen. Auch hier brütete Kaedi mit (s)einer Partnerin vier Jungvögel aus. Wie die Zusammensetzung des Paares exakt war, kann nur vermutet werden. Möglicherweise hat Kaedi das angestammte Männchen des Paares vertrieben und den Brutplatz somit „erobert“. Einige Kilometer von den Brutplätzen der Vorjahre entfernt gab es zumindest eine Neuansiedlung auf einem Kunsthorst und die Senderdaten zeigten, dass Kaedi zumindest sporadisch dort vorbeischaute. Wir waren gespannt, wie sich Kaedi im Jahr 2020 verhalten würde. Wie erwartet, kam es zu Auseinandersetzungen mit einem anderen Paar an dem Brutplatz von 2019. Aufgrund von Schlechtwetterfronten war Kaedi gezwungen Mitte März (also zu seiner eigentlichen Ankunftszeit in Schleswig-Holstein) einige Tage an der Grenze zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westphalen zu rasten. Als er dann mit zweiwöchiger Verspätung sein Brutrevier erreichte, war der Vorjahreshorst bereits besetzt. Bei einer Kontrolle konnte ein fest brütender Storch bestätigt werden. Kaedi wurde zeitgleich in der Nähe des Brutplatzes mehrfach mit einer Partnerin gesehen, so dass letztlich beide Paare nicht erfolgreich gebrütet haben. Zusammen mit seinem Weibchen besetzte Kaedi in der Folgezeit einen Kunsthorst und startete dort vermutlich einen erfolglosen Brutversuch. Später übersommerte das Paar an einem Naturhorst, der vor vielen Jahren letztmals besetzt war.
Seit dem ersten (bekannten) Erscheinen in Schleswig-Holstein war Kaedi an fünf Bruten beteiligt, aus denen insgesamt 14 Jungvögel ausflogen. Die Überwinterung fand in dieser Zeit jedes Jahr in einem eng begrenzten Gebiet in Mauretanien statt. Die bisher über fünf Jahre empfangenen Standortdaten vom Schwarzstorch Kaedi sollen nachfolgend wissenschaftlich ausgewertet werden. Im Fokus stehen dabei besonders die Nahrungshabitate. Sie liefern wertvolle Informationen für den Schutz dieser seltenen Vogelart. Die Daten wurden von den Autoren privat erworben und die Auswertung des Materials ist in der kommenden Zeit vorgesehen. Zudem wurden viele Beobachtungen von Kaedi rund um die Brutplätze in Schleswig-Holstein in den vergangenen Jahren bekannt und gemeldet, sowie teilweise mit Fotos dokumentiert.
Adulter Schwarzstorch auf dem Weg ins afrikanische Winterquartier |
Mit dem für die Besenderung zuständigen französischen Kollegen Paul Brossault besteht ein freundschaftlicher Kontakt und Datenaustausch. Wir sind den Verantwortlichen in Frankreich zu großem Dank verpflichtet.
Die Überwachung dieses Vogels wurde durch die Zusammenarbeit von verschiedenen Partnern ermöglicht: Nationales Forstamt (ONF), Nationales Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS), ONGE Forestiers du Monde, AG Schwarzstorchschutz, PNR Camargue, Koordination von Organisationen von Zivilgesellschaft zur Verteidigung der Umwelt des Einzugsgebiets Senegal (CODESEN), Vereinigung der Bürgermeister und Parlamentarier von Gorgol (AMPG), das Pariser Naturkundemuseum und die Projektgruppe Seeadlerschutz Schleswig-Holstein.
Joachim Kock & Arne Torkler
Arbeitsgemeinschaft Schwarzstorchschutz