Zur Situation des Seeadlers in Hamburg (2023)
Über den Seeadlerbrutbestand im Stadtgebiet von Hamburg und Umgebung berichtete letztmalig Torsten Demuth im Jahresheft 2016 (s. Großvogelschutz im Wald Jb. 2016). Im Jahr 2023 konnten wir auf dem Gebiet der Hansestadt Hamburg drei Brutpaare ausschließlich in Naturschutzgebieten feststellen. Seit nunmehr 10 Jahren liegt damit der Brutbestand auf dem Hamburger Stadtgebiet bei der immer gleichen Anzahl von Brutpaaren an den immer gleichen Standorten, ohne dass sich bisher ein neuer, zusätzlicher Standort etablieren konnte.
Die Brutplätze in Hamburg wurden 2008, 2010 und 2013 begründet. Ein Partnerverlust im westlichen Elbtal durch Kollision des Seeadlermännchens mit einer Windenergieanlage (vgl. Bianca Krebs 2021 in Großvogelschutz im Wald Jb. 2021) hat daran nichts geändert. Im Lauf der letzten 10 Jahre sind in Hamburg fast 40 junge Seeadler geschlüpft, die sich im Grenzgebiet zu Hamburg, also in Niedersachsen und Schleswig-Holstein angesiedelt haben könnten.
Adulter Seeadler in Hamburger Hafen, 26. Februar 2023 (Foto: Alexander Detjen) |
Das Brutpaar auf der Geest fliegt mit seinen Jungvögeln je nach Nahrungsverfügbarkeit vorwiegend in Schleswig-Holstein auf Nahrungssuche. Es ist daher nicht immer einfach zu bewerten, wie viele Jungvögel bei dem versteckt liegenden Horst tatsächlich ausgeflogen sind. Auf Grund einer Beobachtung Mitte August 2023 auf der schleswig- holsteinischen Seite mit einem aktiv bettelnden Jungvogel gehen wir in diesem Jahr davon aus, dass dieses Paar mindestens einen Jungvogel erfolgreich großgezogen hat.
Die beiden Brutpaare im Elbtal sind in dieser Hinsicht deutlich besser einzuschätzen: das westliche Brutpaar im Hamburger Elbtal hatte zwei Jungvögel, das östliche Brutpaar war dagegen erfolglos. Das Seeadlerpaar auf dem Neßsand brütet seit 2008 traditionell im Grenzgebiet von Hamburg und Niedersachsen. In 2023 lag der Horst auf der niedersächsischen Seite, das Paar hatte aber keinen Bruterfolg.
Konkrete Hinweise, warum die Bruten im Elbtal letzten Endes erfolglos geblieben sind, liegen uns bisher nicht vor. Fakt ist, dass das östliche Hamburger Paar im Elbtal in einem sehr schmalen Streifen Laubwald brütet und sowohl die Wasserstraße Elbe als auch die gern besuchten Spazierwege relativ dicht an dem zuletzt recht offensichtlichen Horst vorbeiführen.
Auf den Inseln im Nationalpark Hamburgischen Wattenmeer sind wie auch in den Vorjahren regelmäßig adulte Seeadler anwesend, ein Brutnachweis liegt aber aktuell nicht vor.
Seeadler können im gesamten Hamburger Stadtgebiet ganzjährig festgestellt werden. Die im Ornitho-Portal erfassten Zufallsbeobachtungen konzentrieren sich aber auf die Monate März bis Mai, also auf die Kernbrutzeit, selbst wenn man die Kernzonen um die Brutstandorte ausschließt. Zum anderen ist der Bereich des Elbtals sehr attraktiv für Seeadler, die Sichtungen in relativer Elbnähe machen über 80% aller Beobachtungen aus und sind zudem auf die für rastende Wasservögel attraktiven Gebiete konzentriert. Bei diesen Gebieten fällt die Konzentration der Beobachtungen in Naturschutzgebieten auf: NSG Holz- hafen, Kalte Hofe und Wasserkunst Billwerder Insel, NSG Allermöhe Wiesen und NSG Zollenspieker. Selbst wenn Naturschutzgebiete für viele Beobachter interessanter sind und dort mehr Beobachtungen in ornitho.de eingeben, lässt sich sicher sagen: Ohne die bewusste Unterschutzstellung von über 9% des Stadtgebiets würde es in Hamburg sicher nicht die heutige Anzahl von erfolgreich brütenden Seeadlern geben.
Irene Poerschke