Seeadler- Brutbericht für Niedersachsen 2022
Brutverbreitung des Seeadlers in Niedersachsen 2022 |
Im Jahr 1997 hatten sich nach vielen Jahren der Abwesenheit in Niedersachsen erstmalig wieder zwei Seeadlerpaare angesiedelt. Die Populationszunahme war enorm und so siedelten in 2022 bereits 98 Paare in unserem Bundesland, eine Entwicklung, die so niemand vorhergesehen hatte. Von 54 erfolgreichen Adlerpaaren wurden in diesem Jahr 80 Jungvögel flügge.
Aktuell zeigt sich im Weser-Ems-Gebiet eine starke Bestandszunahme, die sich fast nahtlos an die Brutplätze der holländischen Seeadlerpopulation anschließt. Die Horste befinden sich ausschließlich in Pappelgehölzen bzw. auf Pappelreihen, die häufig nur aus 5-12 Bäumen bestehen. Im Bereich der Elbe werden kontinuierlich die alten, traditionellen Brutareale wieder besetzt, somit bildet die Elbe nach wie vor das größte Kerngebiet der niedersächsischen Seeadler. Noch immer wird der südliche Teil Niedersachsens von den Adlern gemieden, obgleich durch die vorhandenen Wasser- und Waldflächen die Habitatansprüche optimal erfüllt sind.
Auffallend war in diesem Jahr, dass bei mehreren Brutpaaren die Fütterungen ein paar Tage nach dem Schlupf abgebrochen wurden. Die Altvögel verließen den Horst und es zeichnete sich schnell ab, dass die Jungadler verstorben waren. Über die tatsächlichen Ursachen können wir nur spekulieren, wobei folgende Erklärungen in Frage kommen: ein möglicher Parasitenbefall der Jungadler, eine witterungsbedingte Pilzentwicklung (analog zu den nachgewiesenen Fällen bei Weißstörchen) oder eine Infektion mit Vogelgrippe. Von der letztgenannten Ursache wurden ein Fall in Niedersachen und weitere fünf Fälle in Deutschland nachgewiesen (lt. Dr. Oliver Krone Leibniz-Institut für Zoo- und Wildforschung (IZW) in Berlin) Im Bereich der Elbe gab es auffallend viele neu errichtete Horste im Umfeld der alten Horste, die jedoch ausnahmslos zu keiner erfolgreichen Brut führten. Konkrete Hinweise oder Beobachtungen über Störungen im Horstumfeld während der Brut- oder Brutvorbereitungsphase liegen nicht vor. Wir vermuten in diesen Fällen artinterne Revierkämpfe als mögliche Ursache, die letztlich zum Abbruch der Bruten führten.
Eine erfolgreiche Auswilderung eines niedersächsischen Jungadlers fand in Schleswig-Holstein statt.
Ein Beispiel für die enorme Anpassungsfähigkeit der jungen Seeadler zeigt uns das neu gegründete Revier bei Freiburg an der Elbe. Im Deichvorland, über viele hundert Meter von weitem sichtbar, wurde von einem Adlerpaar ein Horst in einer annähernd freistehenden Pappel errichtet. Der Horstbaum befindet sich nur etwa 120 Meter von einem bewohnten Gebäude entfernt. Der Bruterfolg blieb leider aus, da der Horst bei zwei starken Stürmen jeweils aus dem Baum herausgeweht wurde. Ein weiterer Versuch eines Neubaus blieb letztlich aus.
Seeadlerhorst im Elbvorland bei Freiburg circa 120 Meter entfernt von einem bewohnten Gehöft (Foto: Joachim Schwarz) |
Wie in jedem Jahr wurden auch in Niedersachsen im Frühjahr wieder junge Seeadler mit Farbringen markiert. Durch die Seeadler-Beringergemeinschaft wurden insgesamt neun Horste in Niedersachsen aufgesucht. Hier konnten acht junge Adler beringt werden.
Die Zunahme der im letzten Jahr stark angestiegenen Anzahl an so genannten „Schlagopfern“ setzte sich in 2022 glücklicherweise nicht fort. Lediglich ein Seeadler wurde verendet unter einer Windenergieanlage aufgefunden. Insgesamt wurden von uns sechs tote Seeadler aufgefunden, die zum Teil zur Untersuchung ins IZW nach Berlin gebracht wurden. Die Untersuchungsergebnisse stehen aktuell noch aus.
Die Arbeitsgemeinschaft Adlerschutz Niedersachsen (AAN), namentlich Joachim Schwarz, Joachim Neumann, Arne Torkler und Peter Görke, bedankt sich bei den zuständigen Forstverwaltungen, der Jägerschaft, den Eigentümern und Behörden für die kooperative Zusammenarbeit. Ein besonderer Dank geht an die Vor-Ort-Betreuer für ihren beispiellosen Einsatz zum Wohle der Seeadler.
Peter Görke & Joachim Schwarz
Arbeitsgemeinschaft Adlerschutz Niedersachsen
Die AAN hat ein aktuelles Heft zum See- und Fischadlerschutz in Niedersachsen herausgegeben. Es ist als Band 48 der „Vogelkundlichen Berichte aus Niedersachsen“ erschienen. Und kann für 15 Euro beim Schriftleiter Lars Wellmann (