Bruthabitate

Bruthabitate
Abb. 1: Prozentuale Verteilung der Bruthabitate des Kranichs in
Schleswig-Holstein in 2006 (n=192 Bp.)

Der Kranich besiedelt in Schleswig-Holstein sehr unterschiedliche Feuchtgebietstypen. Von 192 Kranichpaaren brüteten in 2006 mehr als die Hälfte (60%) in Erlenbrüchen (Abb. 1). Dies stellt auch Dr. Wolfgang Mewes für Mecklenburg-Vorpommern heraus.

Der Schutz der unterschiedlichen Brutlebensräume, von Randlagg eines Torfmoores, über die Verlandungszone eines Sees bis hin zu den vielgestaltigen Bruchwaldsystemen, garantiert zugleich auch die Erhaltung und Entwicklung spezifischer Feuchtgebietsökosysteme.

Auch ist der Bruterfolg der Kraniche in Erlenbrüchen am höchsten, da diese Bruchwälder anscheinend besonders gute Lebensbedingungen bieten. Dies wird durch einen Vergleich der Bruterfolge in Erlenbrüchen mit denen in Torfmooren deutlich (Abb. 2).

Der höherer Bruterfolg in Erlenbruchwäldern hat mehrere Ursachen:

  • Die Erlenbrüche bieten den Kranichen, im Gegensatz zu dem saurem Milieu in einem Torfmoor, während der Jungenaufzucht eine hohe Arten- und Indivuendichte an Schnecken, Wasserinsekten usw. Da die Kranichjungen in den ersten Lebenswochen überwiegend "animalisch" leben, ist diese leichte Erreichbarkeit der Nahrung ein Vorteil.
  • Bei Störungen können die Familien in die unzugänglichen Bereiche der Erlenbrüche flüchten.
  • Die Bruchwälder bieten eine optimale Tarnung für die Altkraniche, wenn diese ihre Flügel-Großmauser (alle 2 - 3 Jahre) durchführen und flugunfähig sind, denn aufgrund ihrer Gefiederfarben sind sie dort in Verbindung mit den Schattenwürfen der Erlenstämme besonders gut getarnt.
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Abb. 2: Bruterfolg des Kranichs in zwei unterschiedlichen
Habitattypen (Erlenbruch n=112 Bp, Tormoor n=42 Bp).

Alle Faktoren zusammen führen dazu, dass die Renaturierung der Bruchwälder das entscheidende Rückgrat zur Sicherung und Ausweitung der Kranichpopulation in Schleswig-Holstein darstellt.

Erlenbrüche dürfen zwar heute nicht mehr entwässert werden, sie sind aber fast alle in historischer Zeit an alte Entwässerungssysteme angeschlossen, die trotz langjähriger Ansammlung von Laub und Astmaterial weiterhin zur kontinuierlichen Entwässerung führen Da sich unsere Erlenbrüche zumindest auf den eiszeitlichen Jungmoränenstandorten in der Regel auf undurchlässigen Lehmschichten befinden, lässt sich der Wasserstand relativ einfach durch den Einbau von Sohlgittern oder durch das Verschließen kleiner Entwässerungsgräben wieder anheben. So kann gewährleistet weden, dass die für die Brutzeit so wichtigen Winterniederschläge im Wald zurückgehalten werden, um zu Beginn und während der Brutzeit einen optimalen Wasserstand (mind. 50cm) sicherzustelllen.

Die Renaturierungsmaßnahmen verbessern auch die Wasserbilanz von Wäldern und letztendlich dienen sie der Grundwasserversorgung. Auch in Zukunft können noch viele Feuchtgebietsrenaturierungen, besonders in Erlenbruchwäldern, zur Revitalisierung der Kranichlebensräume beitragen. Gerade in den Bruchwäldern ist das Renaturierungspotenzial in Schleswig-Holstein noch längst nicht ausgeschöpft. Natürlich sind auch große Anstrengungen für die Renaturierung von Feuchtgebieten in der Offenlandschaft notwendig. Hier ist allerdings zuerst beonders die öffentliche Hand gefordert, denn Konflikte mit der Landwirtschaft können in der Regel nur durch umfassenden Flächenankauf oder Vertragsnaturschutz gelöst werden. Diesbezüglich sollte Schleswig-Holstein die Niedermoorrenaturierung auch als Klimabeitrag verstärkt vorantreiben, zumal auch hier neben den artenschutzrelevanten Natura 2000-Bestimmungen die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie eine "Pflichtaufgabe" ist.

Thomas Neumann
Fachbereich Naturschutz-Flächenmanagement der Umweltstiftung WWF-Deutschland