Über die Arbeit mit Seeadlern in Westmecklenburg (2020)

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Altvogel und Jungvogel (im 2ten Kleid) landen gemeinsam im Flachwasser der fischreichen Elbe.
(Foto: Piter Wichers)

Daten aus der Region West

Mecklenburg-Vorpommern kennzeichnet mit ca. 400 Revierpaaren das Hauptverbreitungsgebiet des Seeadlers in Deutschland. Zur Verwaltung dieses Bestandes ist die Projektgruppe mittlerweile in vier Regionen (West, Nord, Ost und Mitte) mit annähernd gleichen Bestandszahlen aufgeteilt. Die Grenzen der Regionen sind durch Forstamtshoheiten definiert, wobei die Ostgrenze der Region West grob durch die Achse „Rostock – Tessin - Krakow am See - Plau am See“ zu beschreiben ist. Darüber hinaus grenzt die Region an die Bundesländer Brandenburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Der Bestand des Seeadlers in der Region West hat sich seit dem Jahr 1990 von 23 Revieren bis zum Jahr 2020 auf 118 Reviere mehr als verfünffacht. Die größten Konzentrationen werden im Bereich der Mecklenburgischen Seenplatte erreicht. Die kürzeste Entfernung benachbarter Brutplätze beträgt aktuell 960 m. Der Anteil der innerhalb von 24 Schutzgebieten (SPA, NSG, Biosphärenreservate) befindlichen Reviere liegt bei 33 % (39 Reviere). Der Revierbestand nimmt aktuell um 4 % jährlich zu, wobei neben einer Verdichtung der Konzentrationsgebiete Ansiedlungen in für den Seeadler suboptimale Bruthabitate zu verzeichnen sind. Auffällig ist die Ansiedelung in der Nähe von Freilandgeflügelfarmen, die in den gewässerärmeren Regionen zwischen Wittenburg, Hagenow und Ludwigslust eine alternative Nahrungsquelle darstellen. Neben den typischen Brutplätzen in großen Waldgebieten nehmen die Anteile von Brutplätzen in Feldgehölzen, Baumreihen und Einzelbäumen deutlich zu. Als Horstbäume dominieren nach wie vor Kiefer (42,7 %) und Buche (40,2 %), jedoch hat der Anteil an Pappeln (9,8 %) in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Eiche, Esche, Douglasie und Fichte werden als Brutbaum nur vereinzelt genutzt.
Durch die Zunahme der Reviere ist eine Abnahme der “tatsächlichen” Brutbeginne gegenüber der Gesamtrevierpaaranzahl zu verzeichnen. Zwischen 2011 und 2020 sank die Quote von 85,7 % auf 75,2 %. Die Fortpflanzungsziffer (Junge je begonnene Brut) lag in diesem Zeitraum relativ konstant bei einem Durchschnittswert von 0,96. Die Brutgröße (Junge je erfolgreiche Brut) liegt im Schnitt ebenfalls gleichbleibend bei einem Wert von 1,49.

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Brutverbreitung und Siedlungsdichte des Seeadlers
in Westmecklenburg 2020

Gegenüber 2019 haben im Jahr 2020 35,9 % aller Paare innerhalb ihrer Reviere einen neuen Horst errichtet. Jedes Jahr entstehen in der Region West somit ca. 40 neue Seeadler-Nester.
32,9 % aller Paare, die 2020 mit der Brut begonnen hatten, hatte keinen Bruterfolg. Im Jahr 2019 lag dieser Wert bei 26,7 %. Zurückzuführen ist dies vermutlich auch auf die vermehrten Störungen an den Brutplätzen durch die erhöhte Anwesenheit von Menschen, die sich aufgrund der Corona- Maßnahmen häufiger in den Wäldern aufhielten. Es ist aufgrund der aktuellen Situation zu erwarten, dass sich dieser Umstand auch auf die Bruten des nächsten Jahres auswirken wird.

Die Arbeit der Seeadler-Projektgruppe in der Region West

Die Seeadler-Projektgruppe in der Region West besteht aktuell aus 18 aktiven Horstbetreuern und mehreren Helfern. Im November jedes Jahres werden die Jahresergebnisse im Rahmen einer Tagung besprochen, Vorträge gehalten, Erfahrungen ausgetauscht und Ziele für die neue Brutsaison definiert.
Zur Bruterfolgskontrolle kommen seit 2018 neben der klassischen Erfassung mittels Fernglas und Spektiv systematisch Drohnen zum Einsatz. Durch die damit verbundene Genauigkeit der Anzahl der Jungvögel und die geringe Störungszeit (ca. 1 bis 3 Minuten je Nest) bleibt die Datenqualität konstant hoch. Bei der Verwendung der Fluggeräte durch geübte Piloten wird grundsätzlich auf die Witterung sowie anwesende Altvögel geachtet. Vögel und Drohne sind dabei ständig im direkten Blickfeld. Die Fluggeräte wurden durch die Altadler bisher nicht attackiert. Eine Brutaufgabe nach dem Einsatz ab Anfang Mai ist nicht bekannt.
Seit dem Jahr 2019 hat darüber hinaus die Beringung von Jungadlern durch den Betreuerwechsel innerhalb der Region an Bedeutung wieder stark zugenommen. Seither werden jährlich über 80 % der nicht flüggen Seeadler beringt.
Zur Optimierung der Arbeitsabläufe wurde im Winter 2019/2020 ein Onlineportal eingerichtet, welches seit Anfang 2020 unter www.seeadler-mv.de zum Einsatz kommt. Hier können die Beobachtungen nun durch die Horstbetreuer zeitnah direkt in eine Datenbank eingetragen werden, wobei der Regionalkoordinator und weitere dem Standort zugewiesene Beobachter umgehend per E-Mail über den neuen Status im Revier informiert werden.

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Das digitale System wird ständig erweitert. In der kommenden Brutsaison kommt ein zusätzliches Kommunikationsmodul zum Einsatz, welches die zuständigen Forstämter und Forstreviere, die UNBs und das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommerns (LUNG) durch das automatische Versenden vordefinierter Mails bei neuen Horsten sofort informiert.

Aktuell ist das Onlineportal für die Arbeit der Horstbetreuer in den Seeadlerrevieren ausgelegt. Mittelfristig soll die Plattform zusätzlich als Informationsportal für Seeadlerinteressierte dienen. Neben allgemeinen Informationen zur Jahresphänologie der Adler sollen hier die Arbeitsweise der Projektgruppe, Literaturhinweise und Publikationen aus der Region veröffentlicht werden – vergleichbar mit der bestehenden Webseite der Projektgruppe Seeadlerschutz Schleswig- Holstein e.V..

René Feige  
www.seeadler-mv.de